St. Alban: Sachsen bei Ansbach

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3 Tuerme Sachsen b.Ansbach

Pfarrkirche St. Alban Sachsen bei Ansbach

Gründung des Dorfes Sachsen

Auch wenn es dafür keine detaillierten urkundlichen Belege gibt, darf man davon ausgehen, dass das Dorf Sachsen um das Jahr 800 gegründet worden ist. Der Ortsname selbst und die historischen Tatsachen der Herrschaft Karls des Großen lassen diesen Schluss zu. Der Frankenkaiser war entschlossen, die freiheitsliebenden heidnischen Sachsen unter seine Herrschaft zu zwingen. Diese leisteten jedoch heftigen Widerstand. Dreißig Jahre lang kam es zu blutigen Auseinandersetzungen, bis der Stamm der Sachsen unterworfen werden konnte. Ein Mittel, den Widerstand der Aufständischen dauerhaft zu brechen, war die zwangsweise Umsiedelung von Sachsen in fränkisches Gebiet. So erhielt um das Jahr 800 der Bischof von Würzburg eine uns nicht bekannte Anzahl von Sachsen zugeteilt. Sie wurden dem Gumbertus-Kloster in Ansbach übergeben und an geeigneten Orten in erreichbarer Nähe des Klosters angesiedelt. Auf diese Weise entstanden mehrere „Sachsenorte“ in Franken.

Vermutlich wurde bei der Gründung des Dorfes Sachsen um das Jahr 800 auch eine Kapelle oder ein Kirchlein gebaut. Dem Gumbertus-Kloster in Ansbach war es mit Sicherheit ein Anliegen, die hierher verschleppten Heiden zu christianisieren. Über das Aussehen dieser ersten Kirche in Sachsen kann man nur Vermutungen anstellen.

Romanische Basilika

Der Grundstein des heutigen Kirchenbaus wurde vermutlich im 13. Jhd. gelegt. Die ältesten Steine des Kirchenschiffes stammen noch aus dieser Zeit. Wie diese als romanische Basilika erbaute Kirche ausgesehen hat, kann man sich vorstellen, wenn man vergleichbare erhaltene Baudenkmäler aus dieser Zeit betrachtet. Auch das Mauerwerk der heutigen Kirche und die noch erkennbaren Spuren von baulichen Veränderungen im Lauf der Jahrhunderte machen es möglich, sich ein Bild vom Aussehen unserer Kirche zu machen.

Erweiterung der Kirche 1323

Die Kirche hatte als Wehrkirche nur sehr kleine Schießschartenfenster hoch oben in den Kirchenmauern. Die Lichtverhältnisse im Kirchenschiff waren sicherlich so schlecht, dass man kaum lesen konnte. Um den Altar optisch hervorzuheben und den Raum besser zu beleuchten, war eine bauliche Veränderung notwendig. Urkundlich belegt ist die Erweiterung der Kirche um einen Choranbau im Jahr 1323.

Zerstörung der Kirche Sachsen im 1. Markgrafenkrieg 1449/1450

Im 14. und 15. Jahrhundert kam es überall im Reich zu Konflikten zwischen den Reichsstädten und dem Adel. Die Ursachen waren auf der einen Seite die zunehmende Macht der Reichsstädte, die ihre Herrschaft über die Stadtmauern hinaus ausdehnen wollten. Auf der anderen Seite strebten die bedeutenderen Adelsgeschlechter nach Macht- und Gebietserweiterung durch Heirat, Kauf und auch Kriege.

Der Reichsstadt Nürnberg war es gelungen, die Burggrafen aus dem Geschlecht der Zollern aus der Stadt zu verdrängen. Diese machten zunächst die Cadolzburg zu ihrem Stammsitz. Im 14. Jahrhundert konnten sie den Besitz der Oettinger in Ansbach und Umgebung übernehmen und erweiterten dadurch ihre Herrschaft in Franken. 1415 wurde Burggraf Friedrich VI. durch den Kaiser mit der Mark Brandenburg belehnt. Die ehemaligen Burggrafen von Nürnberg wurden damit zu „Markgrafen von Brandenburg“ und machten Ansbach im Laufe der Zeit zur Hauptresidenz in ihrem fränkischen Gebiet. Trotz vielfältiger Versuche gelang es den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach nicht, die Burg Lichtenau und die dazugehörigen Besitzungen (Sachsen und andere Dörfer der Pfarrei) zu erwerben. Diese Enklave inmitten ihres Herrschaftsgebietes hatte 1406 die Reichsstadt Nürnberg von den Herren von Heideck erworben und bis zum Jahr 1806 mit allen Mitteln verteidigt.

Markgraf Albrecht Achilles (1414-1486) war ein erbitterter Gegner der Reichsstädte. Seine besondere Gegnerschaft galt der Stadt Nürnberg. Von langer Hand bereitete er einen Krieg vor und schmiedete dafür ein Bündnis mit gleichgesinnten Adeligen. Die Stadt Nürnberg schloss ihrerseits ein Verteidigungsbündnis mit mehreren süddeutschen Reichsstädten.

Im Sommer 1449 begann Albrecht Achilles den Krieg gegen das Städtebündnis („1. Markgrafenkrieg“). Eine der ersten Kampfhandlungen richtete sich gegen die nürnbergische Burg Lichtenau. Die weiteren kriegerischen Aktionen beider Seiten bestanden darin, dass jede Kriegspartei versuchte, den „Feind" zu schädigen, indem man ihm Dörfer, Mühlen, Städte und Schlösser niederbrannte. Das Ausmaß der Verwüstungen, die sich bis in das Jahr 1450 hinzogen, war erschreckend. Die Menschen suchten in ihren Dörfern verzweifelt Schutz in ihren befestigten Kirchhöfen, Kirchen und Kirchtürmen.

Der Nürnberger Ratsherr Erhard Schürstab hat darüber genau Tagebuch geführt:

„…Item am Mittwoch nach Judica zogen zu Nürnberg aus des Nachts mehr denn 600 Berittene und 3000 Begleiter und hatten wohl 60 Wagen und zogen gen Heilsbronn zu und brannten gar viel größere und kleinere Dörfer um Heilsbronn und Schafhöfe und Mühlen und brannten das Dorf zu Petersaurach ab und stürmten den Kirchhof und brannten ab die Dörfer Weiterndorf, Weißenbronn, Tettelsau und sonst viel andere Dörfer, also dass sie verbrannten wohl 16 Dörfer und brachten viel Viehs heim wohl 500 Kühe und Kälber und 1600 Schafe und Lämmer und 180 Schwein und wohl 40 Bauernpferde und wohl 33 gefangne Bauern und viel Wagen mit allerlei geladen…“ (Text angepasst)

Die „Pfleger und Gottshausmeister der Pfarrkirchen daselbst zu Sachsen“ mit Namen „Fritz Peck, Cunz Smit, Heintz Umblauff und Hanns Smit“, alle wohnhaft in Sachsen, schildern ihre Notlage. Sie beklagen, dass …

„…das würdige Gotteshaus zu Sachsen in den nächstvergangenen Kriegen zu Grunde verbrannt, der Glocken, Turmuhr und aller anderen Gezierden, mit denen es löblich bekleidet gewesen ist, beraubt und ganz entblöset worden, das wir nach allem unserem Fleiße Wege ertracht und gesucht haben, mit mancherlei Rat auch unserer Obersten in den Sachen und haben keinen Weg mögen erdenken, das Gotteshaus wieder bäulich zu machen und wiederzubringen...“ (Text angepasst)

Das Dorf Sachsen war zerstört, die mit Kunstwerken reich ausgestattete Kirche stark in Mitleidenschaft gezogen, der Kirchturm völlig ausgebrannt. Er musste bis auf den Grund abgetragen und neu aufgebaut werden. Dabei erhielt er seine markante Gestalt und eine Höhe von ca. 60 Metern, die ihn heute zum Wahrzeichen von Sachsen macht.

Zank und Streit zwischen den Markgrafen in Ansbach und der Reichsstadt Nürnberg

Nur für kurze Zeit waren sich die für Sachsen zuständigen Herrschaften in Ansbach und Nürnberg einmal einig. Als es darum ging, in den jeweiligen Herrschaftsgebieten die Reformation einzuführen, arbeitete man sogar eng zusammen. Der Pfarrer von Sachsen war immer ein Chorherr aus dem Ansbacher Gumbertus-Stift gewesen. Als im Fürstentum Ansbach durch Georg den Frommen die  lutherische Lehre verpflichtend eingeführt wurde, schickte man 1528 den Vikar Jakob Hofmann nach Sachsen, der ein Anhänger der Reformation war.  Das Verhältnis zwischen den Ansbacher Markgrafen und der Reichsstadt Nürnberg (und damit mit Lichtenau) verschlechterte sich aber bald wieder spürbar und  nachhaltig.

Streitigkeiten um das Jagdrecht und über den Grenzverlauf des Lichtenauer Gebietes sorgten immer wieder für Aufregung. Heftigen Streit gab es aber auch in kirchlichen Angelegenheiten. Nach der Empfehlung Luthers sollten die Landesherren bis zu einer besseren Regelung das Bischofsamt in ihren Fürstentümern wahrnehmen. Nun lag aber ein Teil der Pfarrei mit dem Pfarrdorf Sachsen auf nürnbergischem Gebiet, der andere Teil war ansbachisch. Dazu kam, dass das Patronatsrecht seit der Gründung der Pfarrei beim Gumbertus-Kloster in Ansbach lag, dessen Rechte und Pflichten nun der Markgraf beanspruchte. Aus der Quelle dieses Konfliktes speisten sich über die folgenden Jahrhunderte zahllose Streitigkeiten: Besetzungsrecht der Pfarrstelle, Weisungsrecht gegenüber dem Pfarrer, Recht über den Friedhof, Verpflichtung des Pfarrers zur Verlesung von herrschaftlichen Bekanntmachungen in der Kirche usw.

Blitzeinschläge am Kirchturm

Der Trinitatis-Sonntag des Jahres 1611 war ein schrecklicher Tag für Sachsen. In der Nacht um zwei Uhr tobte ein schreckliches Gewitter. Mit ohrenbetäubendem Krachen schlug ein Blitz in den Turm ein. Ein junger Mann wurde vom Blitz erschlagen. Der Turm ging in Flammen auf, das Turmgebälk brannte wie Zunder. Herabstürzende Balken setzten den Glockenstuhl in Brand. Die Glocken stürzten ab. Sie durchschlugen die Zwischenböden im Turm und zerbrachen, teilweise zerschmolzen sie. Durch die brennenden Balken fingen die Zwischenböden Feuer, so dass der gesamte Turm ausbrannte. Auch das Kirchendach wurde durch den Brand erheblich beschädigt.

Der Wiederaufbau gestaltete sich schwierig, weil die Frage der Finanzierung zwischen Ansbach und Nürnberg hin- und hergeschoben wurde. Erst 1618 war er einigermaßen abgeschlossen. Man versah den Turm, der Mode der Zeit entsprechend, mit einer „Welschen Haube“. Diese hat sich nicht bewährt. Schon nach recht kurzer Zeit waren Reparaturen notwendig. 1699 hat man daher die „Welsche Haube“ ersetzt durch ein neues Dach und dem Turm seine kühne gotische Spitze nach den alten Plänen von 1461 zurückgegeben. Das Gebälk aus dieser Zeit trägt heute noch die Dachziegel, die allerdings 1993 durch neue ersetzt wurden.

Der Turmhelm war verständlicherweise auch weiterhin gefährdet durch Blitzschläge. Am 20. August 1725 nachmittags zwischen drei und vier Uhr schlug wieder ein Blitz mit einem „erschrecklichen Donnerschlag“ in den Kirchturm ein. Zum Glück zündete er nicht, richtete aber trotzdem großen Schaden an. Kaum 20 Jahre später, am 18. Juli 1744, kam es wieder zu einem Blitzeinschlag. Ein Teil des Daches wurde abgedeckt und ein Balken zerschmettert. Der Schaden konnte zur Erleichterung der Bevölkerung bald repariert werden.

Umbau der Kirche 1804

Im 18. Jahrhundert war der Bauzustand der Kirche sehr bedenklich. Ein Abriss und Neubau waren ernsthaft im Gespräch. Dazu kam es aber nicht, vermutlich auch deshalb, weil sich gewaltige Umwälzungen im politischen Bereich abzeichneten: 1789 war in Frankreich die „Französische Revolution“ ausgebrochen. Der Ansbacher Markgraf Alexander verkaufte sein Fürstentum Ansbach-Bayreuth 1792 an Preußen, die Kirche in Sachsen war damit königlich-preußisch. Im Dezember 1795 besichtigte eine preußisch-ansbachische Delegation das Gebäude und stellte fest, dass der schlimme Bauzustand gefährlich fortgeschritten war. Trotzdem zögerte man mit der notwendigen Baumaßnahme. Die Zeiten waren unsicher.

Im Jahr 1804 wurde ein Umbau der Kirche durchgeführt: Das Kirchenschiff wurde verlängert, die Schießschartenfenster zugemauert, dafür große Fenster in die dicken Kirchenwände gebrochen und die Türen vergrößert. Dabei wurde die östliche Giebelwand der Kirche mit dem halben gotischen Chorraum niedergerissen. Den Rest des Chores trennte man ganz von der Kirche ab und schuf so eine Sakristei. Eine an der Nordseite der Kirche stehende Sakristei wurde abgerissen. Dazu kamen noch zahlreiche andere Veränderungen, so dass der Eingriff in die alte Bausubstanz insgesamt gewaltig war. Auch mehrere aus vorreformatorischer Zeit stammende geschnitzte Altäre wurden entfernt. Auf die Erhaltung der sicherlich wertvollen Kunstwerke legte man in Alt-Sachsen leider wenig Wert. Niemand weiß, wo sie verblieben sind. Wurden sie verheizt oder stehen sie unentdeckt an einem unbekannten Ort?

Aus der ehemals romanischen Basilika war so eine recht nüchterne Predigtkirche im Stil der zu Ende gehenden Markgrafenzeit und des Rationalismus geworden. Nur der Altar, die Kanzel und die Orgel sind durch vergoldete Zierelemente als bedeutende Elemente für den evangelischen Gottesdienst herausgehoben.

Die Jahre nach 1804 brachten gewaltige Umwälzungen in der staatlichen und politischen Ordnung: Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ ging 1806 zu Ende. Auf Betreiben Napoleons fand in den deutschen Landen eine gewaltige „Flurbereinigung“ statt. Kleinere Fürstentümer und Reichsstädte wurden aufgelöst und den Herrscherhäusern zugeschlagen, die sich Napoleon gegenüber als treu erwiesen hatten. Nürnberg war nun keine Reichsstadt und Ansbach kein Fürstentum mehr. Damit war der alte Streit zwischen Nürnberg und Ansbach, zwischen Lichtenau und Sachsen nach 400-jähriger Dauer gegenstandslos. Alle waren also bayerisch von Napoleons Gnaden. Die Kirche in Sachsen wurde nun königlich-bayerisch. In den letzten 200 Jahren wurde sie mehrfach aufgehübscht, aber nicht mehr wesentlich verändert, wenngleich sich das Dorf Sachsen durch Neubaugebiete seit 1950 gewaltig verändert hat.

Hans-Gerhard Dürr

Quellen

Literatur:

Rusam, Georg: Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte / Neuauflage Verlag Degener Insingen, 2009

Rusam, Georg: Manuskript Quellenmaterial zur Geschichte der Pfarrei Sachsen

Landeskirchliches Archiv – Signatur MS 1795

Dürr, Hans-Gerhard / Schmidt, Hermann / Schmidt, Richard: Turmgeschichte(n) – Der Kirchturm der Pfarrkirche St. Alban in Sachsen bei Ansbach. Festschrift zum Turmjubiläum 2011

Rechter, Gerhard: Lichtenau und seine Menschen
Die Festung, der Marktort und die Grundherrschaft seit dem 15. Jahrhundert.

Ein Häuserbuch / Verlag der Gesellschaft für Familienforschung in Franken - Nürnberg, 2010

Schwemmer, Wilhelm: Alt-Lichtenau
Aus der Geschichte der Ortschaft und der Festung / Verlag Korn & Berg - Nürnberg, 1980

Schürstab, Erhard: Beschreibung des ersten markgräflichen Krieges gegen Nürnberg / Neudruck der Ausgabe München, 1860 / Scientia Verlag Aalen, 1969

Eine umfangreiche Auflistung des Quellenmaterials zur Ortsgeschichte von Sachsen ist zu finden in Rusam „Geschichte der Pfarrei Sachsen“ S. 411 ff.